50-jähriges Jubiläum – der Festakt im Rathaus
Am 11. Oktober 2024 feierten wir ab 15 Uhr in großer Runde mit ca. 180 Gäst*innen unser großes Jubiläum im Ratssaal des Kieler Rathauses. Vielen, vielen Dank, dass ihr dabei ward!
Redebeiträge:
Geschäftsführerin Birgit Pfennig & Vorstandsmitglied Fabi*an J. Kleine
Aminata Touré, Ministerin für Soziales, Jugend, Familie, Senioren, Integration und Gleichstellung des Landes Schleswig-Holstein
Ulf Kämpfer, Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Kiel
Henry Möncke moderierte die Meilenstein-Runde mit Zeitzeug*innen der vergangenen 50 Jahre HAKI-Geschichte
Fotos © Emka aus dem HAKI-Team. Die Fotos dürfen ohne schriftliche Zustimmung durch das HAKI-Team oder den HAKI-Vorstand nicht veröffentlicht werden.
Die Eröffnungsrede von Geschäftsführerin Birgit Pfennig und Vorstandsmitglied Fabi*an J. Kleine:
Birgit Pfennig:
Liebe Gäste, liebe Freund*innen und Wegbegleiter*innen, Liebe Alle!
Ein herzliches Willkommen von uns zum 50-jährigen Jubiläum!
Die HAKI wäre nicht die HAKI, wenn für uns nicht jede hier anwesende Person wichtig und einzigartig ist, deshalb verzichten wir darauf, einzelne Personen explizit namentlich zu benennen und vorzustellen.
Uns selbst möchten wir allerdings sehr gerne namentlich vorstellen: Mein Name ist Birgit Pfennig, meine Pronomen sind sie/ihr und ich bin seit dem 1. April diesen Jahres Geschäftsführerin der HAKI …
Fabi*an Kleine:
Hallo und Moin auch von mir. Ich bin Fabi Kleine und nutze für mich selbst keine Pronomen. Seit 2015 bin ich in der HAKI aktiv – erst einige Jahre ehrenamtlich im Bildungs- und Antidiskriminierungsprojekt SCHLAU und dann war ich die Jugendgruppenleitung der Queeren Jugendgruppe #dein_Raum. Nun bin ich seit einem Jahr im mittlerweile fünfköpfigen Vorstand dieses Vereins. Einige sagen mir, die HAKI wäre mein zweites Wohnzimmer. Andere fragen, was der Name »HAKI« eigentlich bedeutet.
Birgit Pfennig:
Die Abkürzung HAKI bedeutet: Homosexuelle Aktionsgruppe Kiel und wurde 1974 von einer Hochschulgruppe von homosexuellen Menschen gegründet. Was war das für eine Zeit vor 50 Jahren?
Vor 50 Jahren sprach man noch von Frolleins, wir hatten Musik-Kassetten, mit denen wir Lieder aus dem Radio aufgenommen haben, die Telefone gab es nur mit Wählscheibe und wir schauten die Musikshow mit Ilja Richter oder die Quizshow »Dalli, Dalli« mit Hans Rosenthal.
Es gab zwar schon seit ein paar Jahren das Farbfernsehen, aber in den Köpfen wurde noch vieles in Schwarz-Weiß gedacht. Viele von uns kannten das Gefühl, nicht in die Rollen zu passen, die uns vorgegeben wurden – das Gefühl, in dieser Gesellschaft nicht dazu zu gehören – das Gefühl von sozialer Isolation und von Anpassungsdruck und die Angst vor Ablehnung … Viele haben Verurteilung und Ausgrenzung erlebt. Zum Beispiel galt damals noch der §175 STGB, der homosexuelle Handlungen zwischen Männern unter Strafe stellte.
Gleichzeitig war es auch die Zeit der Anti-Atomkraftbewegung – feministische Bewegungen wurden lauter – es waren Zeiten des Wandels, des Aufbruchs, des Protests, die die Weichen für viele Entwicklungen in den folgenden Jahrzehnten stellten. Der Geist dieser Zeit war geprägt vom Streben nach Gleichberechtigung, individueller Freiheit und vor allen Dingen einer kritischen Auseinandersetzung mit Autoritäten. In dieser Aufbruchstimmung gründete sich die HAKI. Eine Gruppe von homosexuellen Studierenden – vorrangig Schwule und einige Lesben – war auf der Suche nach Zugehörigkeit und schloss sich zu einer neuen Gemeinschaft zusammen. Ihr Ziel: eine lesbisch-schwule Emanzipationsarbeit in Schleswig-Holstein zu etablieren – sie waren jetzt nicht mehr nur Einzelne, sondern eine Familie – oder heute »Community« –, die gemeinsam für ihre Rechte und Sichtbarkeit kämpften.
Ich freue mich außerordentlich, dass wir heute einige dieser mutigen Menschen auf dem Podium als Zeitzeug*innen begrüßen und kennenlernen dürfen … Ihr habt den Grundstein gelegt für das, was die HAKI heute ist: eine starke Gemeinschaft und eine starke Stimme für Vielfalt. Dieser kollektive Spirit ist bis heute geblieben und für uns alle noch spürbar. Ich möchte an dieser Stelle all denjenigen danken, die vor uns kamen, die uns inspirierten und die den Weg für uns geebnet haben. Ohne euch wären wir nicht hier.
Fabi*an Kleine:
Heute haben wir den Regenbogen nicht nur für uns entdeckt, sondern ihn in all seinen Farben und Facetten gelebt und zu einem großen Spektrum weiterentwickelt. Wir stellen fest, dass die Welt nicht nur binär – also nicht nur männlich und weiblich – ist. Neben der (a)sexuellen und (a)romantischen Vielfalt ist auch die geschlechtliche Vielfalt gewachsen.
Wir sind schwul, lesbisch, bi*, pan*, demi*, ace*, aro*, poly*, queer, punkt punkt punkt
Und: Wir sind trans*, inter*, nicht-binär, genderfluid, agender, cis* punkt punkt punkt
Wir sind Menschen. Wir sind alle »unterschiedlich verschieden« und in unserer Einzigartigkeit trotzdem immer miteinander verbunden. Wir sind eine Community. Wir sind eine Gemeinschaft.
Heute ist die HAKI zu einem Zentrum der Sichtbarkeit geworden. Ein Ort des Fortschritts, der Selbstfindung und Selbstbestimmung. Ein Safer-Space. Ein Wohnzimmer. Ein »Herzlich-Willkommen«. Denn jeder Schritt vor die Tür kann das Gegenteil bedeuten. Alltägliche Wege können mit Missgunst, Angst und Diskriminierung gepflastert sein.
Zusammen sind wir weniger allein. Zusammen sind wir mutiger. Wenn wir zusammen sind, kann ich ich sein. Wenn wir zusammen sind, kann ich mich feiern. Dann können wir uns feiern. Dann können wir die Vielfalt feiern. Denn das bedeutet doch Gemeinschaft?
Die Unterschiede, die wir haben, machen uns einzigartig und bereichern unser Leben. Jede*r von uns hat eine Stimme, die gehört werden muss. Dabei erinnern wir uns stets daran, dass jeder Mensch zählt – dass jede*r von uns das Potenzial hat, einen Unterschied zu machen.
Was lernen wir daraus? – Diversität ist unsere größte Stärke.
Birgit Pfennig:
Was haben wir in den letzten 50 Jahren erreicht?
In diesen 50 Jahren haben wir nicht nur für Gleichheit und Akzeptanz gekämpft, sondern auch für die Anerkennung und Wertschätzung der Vielfalt des Regenbogens – in all seinen Farben und Formen. Wir haben Brücken gebaut zwischen Menschen, Generationen und Identitäten.
Wir haben nicht nur für unsere Rechte gekämpft, sondern auch dafür, dass die Welt versteht, dass Liebe und Geschlecht keine Norm hat und dass wir – sowie alle Menschen – das Recht haben, über unser eigenes Leben selbst zu bestimmen, zu uns selbst zu stehen und uns so zu zeigen, wie wir sind.
Heute sind wir der größte und älteste queere Verein in Schleswig-Holstein mit über 170 Mitgliedern. Es engagiert sich eine Vielzahl von Freiwilligen bzw. Ehrenamtlichen in über 20 Arbeits-, Freizeit- und Selbsthilfegruppen. An 7 Tagen in der Woche treffen sich mindenstens 1 bis 2 Gruppen im HAKI-Zentrum zum Vernetzen und zum Austausch.
Das Spektrum geht von den »Reifen Früchten« bis hin zu den »Lila Lesben«, von den »Enbees« bis zu der »Elterngruppe von Trans*kindern« … Wir haben 9 hauptamtliche mitarbeitende Personen (5 in Teilzeit und 4 Minijobber*innen), die in unterschiedlichen Projekten arbeiten.
LGBTIQ sind für uns nicht nur Buchstaben, sondern gelebte Vielfalt, »Wir« sind nicht nur ein Verein; sondern sind auch eine Familie – und das HAKI-Zentrum ist nicht nur für Fabi – sondern auch für viele von uns ein zweites Wohnzimmer – wir sind eine bunte, laute, manchmal nervige Familie, die sich nicht scheut, zu streiten und wo auch mal die Türen knallen … doch am Ende des Tages zählt das, was uns zusammenhält.
An dieser Stelle möchte ich allen danken, die diesen Verein über die Jahre hinweg unterstützt und gefördert – und uns so manches mal auch sehr gefordert haben – sei es inhaltlich oder finanziell. Sie haben maßgeblich dazu beigetragen, dass wir unseren Stolz heute feiern können – und dafür gebührt ihnen allen unser tiefster Dank.
Fabi*an Kleine:
»Weitermachen, wenn es am schönsten ist«, bedeutet für uns auch den Blick nach vorn zu richten. Lasst uns den Kopf heben. Lasst uns zusammenstehen. Lasst uns mutig sein. Lasst uns kämpfen. Hand in Hand für eine bunte Zukunft. Eine Zukunft, in der Zugehörigkeit und Gemeinschaft für alle Menschen selbstverständlich sind. Eine Zukunft, für gleiche Rechte, Respekt und Liebe.
Eine offene, bunte, vielfältige Gesellschaft ist der beste Schutz für unsere Demokratie und die Menschlichkeit! Es geht nicht nur darum die Vielfalt unserer Gesellschaft als ein Reichtum anzuerkennen, sondern eine vielfältige Gesellschaft ist auch die einzige Möglichkeit, die Zukunft nicht aus der Hand zu geben.
Dieser Verein soll auch noch in den nächsten Jahrzehnten ein Ort bleiben, wo DU willkommen bist und wo DEINE Stimme zählt. Ein Ort des Wandels und ein Ort mit unermüdlicher Kraft.
Vielen Dank für eure Unterstützung. Und vielen Dank, dass ihr Teil dieser wunderbaren Gemeinschaft seid. Wir feiern und sind stolz … Vielen Dank!